KEMPTEN. Mit dem Auftritt des Bundesvorsitzenden Jörg Meuten hat der Wahlkampf der Oberallgäuer AfD seinen vorläufigen Höhepunkt vor der Sommerpause erreicht. Bundestagsdirektkandidat Peter Felser hatte als Gastgeber mit dem Haus Hochland in der Prälat-Götz-Straße einen Veranstaltungssaal mitten im Herzen von Kempten organisiert. Während drinnen rund 200 Besucher zum Vortrag mit Diskussion gekommen waren, formierte sich draußen an der Straße der übliche „bunte“ Gegenprotest mit einigen Dutzend Teilnehmern. Die Polizei sorgte für einen störungsfreien Ablauf der Parteiveranstaltung. Nur gegen einen der Demonstranten gab es eine Strafanzeige wegen Beleidigung.
Bei Felser gibt sich die Parteiprominenz in den vergangenen Wochen die Klinke in die Hand. Erst sprach Spitzenkandidatin Alice Weidel in Lauben, dann die Europaabgeordnete Beatrix von Storch und jetzt Meuthen. Am Donnerstag, den 20. Juli folgt noch eine Veranstaltung zum Thema „Mehr Demokratie wagen“ mit Werner Meier, dem stellvertretenden bayerischen Landesvorsitzen.
Meuthen, der am Schluss mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, spannte einen großen thematischen Bogen von den Hamburger G 20-Krawallen, über das verdrängte Problem Linksextremismus und der Notwendigkeit von Untersuchungsausschüssen dazu, bis zur aktuellen Lage in der AfD, deren Umfragewerte wieder zulegen. Er lobte das basisdemokratisch beim Kölner Parteitag am 1. Mai verabschiedete, sehr detaillierte Wahlprogramm der AfD und sieht mit dem ebenfalls in Köln gewählten Wahlkampf-Spitzenduo aus Alexander Gauland und Alice Weidel die Partei gut aufgestellt.
Meuthen kritisierte, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender seit Monaten die AfD nicht einladen und totzuschweigen versuchten. Die AfD erwägt deswegen Klagen gegen die jeweiligen Redaktionen. Rechtlich sei das möglich, meinte Meuthen bereits in Interviews. Nach seiner Auswertung seien im ersten Halbjahr 2017 unter den 162 Politikern der vier großen Talkshows Plasberg, Illner, Maischberger und Will nur vier AfD-Politiker gewesen. Das wären gerade 2,5 Prozent der Gäste. Gemessen an ihrer politischen Relevanz mit 166 Abgeordneten in 13 der 16 Landtage sei die AfD bei den GEZ-Sendern völlig unterrepräsentiert.
Der Bundesvorsitzende erwägt zudem aus der Kirche auszutreten, die ständig die AfD attackiere und blindlings der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel das Wort rede. Die AfD jedoch vertrete sehr wohl in ihrem Programm christlich-abendländische Werte, betonte Meuthen. Im Gegensatz zum Buchtitel „AfD Angst für Deutschland“ der Spiegel-Autorin Melanie Amann seien die Parteimitglieder keine Angsthasen, sondern „Mutbürger“. Einen ironischen Seitenhieb gab Meuthen noch dem mittlerweile in den Hintergrund geratenen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, der mit 100 Prozent der Stimmen von den Genossen gewählt wurde. „Willkommen bei Kim-Jong-Schulz“, meinte Meuthen mit Blick auf solche widerspruchslosen Wahlergebnisse wie im gleichgeschalteten Nordkorea unter Kim-Jong-Un.
Vor dem Bundeschef sprach der Kreisvorsitzende und Kemptener Bundestagskandidat Felser, der auch auf Platz sieben der Landesliste antritt vor den Gästen. Er wies darauf hin, dass beim G 20-Gipfel in Hamburg rund 100.000 Demonstranten bei drei Dutzend verschiedenen Demos gegeben hatte. Der vermummte „Schwarze Block“ umfasste laut Polizei 1.800 Gewalttäter. Hinzuzuzählen seien bei den Fernsehbildern jedoch weitere Hunderte Schaulustige, etliche spontane Ladendiebe und eine erhebliche Zahl an Sympathisanten die in Partylaune mit dem Fotohandy Selfies schossen. Die Polizei hatte rechnerisch 20.000 Mann, erläuterte Felser, davon waren aber 5.000 fest für die Bewachung von Messe und Konzerthaus plus Protokollstrecken gebunden. Weitere 5.000 fielen aus wegen Pause, Schlaf, Erschöpfung oder Verlegung. Somit war nur die Hälfte der Polizei aktiv im Einsatz gegen gewalttätige Demonstranten. Während 476 Polizisten verletzt wurden, habe es nur 51 Haftbefehle gegeben. Die 13 Festnahmen von Steine- und Molotowcocktail-Werfern auf den geräumten Dächern sind alle mangels Beweisen auf freiem Fuß. Das sei ein Skandal. Der Gipfel habe 140 Millionen Euro gekostet und neben dem Millionenschaden und Ansehensverlust Hamburgs nur vage Absichtserklärungen ergeben.
Felser erinnerte auch daran, dass vor genau einem Jahr in Nizza ein islamistischer Attentäter mit einem Lkw in eine Menschenmenge raste. Die 86 Toten seien der Beginn einer europaweiten Terrorserie gewesen, einschließlich des tödlichen Lkw-Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Zudem jähre sich der Tag des gescheiterten Putschversuchs in der Türkei, was Staatschef Erdogan zum Vorwand für eine beispiellose Jagd auf politische Gegner genommen habe und zum Abbau von Demokratie führte.