Agrar-Haushalt: Schlingerkurs in die Katastrophe

Agrar-Haushalt: Schlingerkurs in die Katastrophe

Bundestagsrede von Peter Felser zum Agrar-Haushalt: Schlingerkurs in die Katastrophe

Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Landwirte

Vorgestern traf ich eine Winzerin auf einer Veranstaltung. Das, was sie sagte, ist symptomatisch für die aktuelle Situation in der Landwirtschaft. Die junge Weinbäuerin sprach davon, dass sie Ängste habe, wie es denn nun weitergehe. Man habe selbstverständlich seit Jahrzehnten, seit Jahrhunderten „nachhaltig“ gewirtschaftet, selbstverständlich gehe man mit der anvertrauten Natur sorgfältig um. Aber das, was nun an Auflagen, Einschränkungen und Bürokratie auf sie zukomme, das mache ihr Angst. Angst – liebe Kollegen – Angst geht um bei den bäuerlichen Betrieben. Der emotionale Appell war nicht irgendwohin gerichtet – er hat sich ganz klar gegen diese Politik der Ampel gerichtet!

Wenn ich mir ansehe, was die Regierung in dieser Krise, was das Landwirtschaftsministerium in dieser Lage macht: liebe Kollegen, da kann ich nur einen Schlingerkurs durch die Krise erkennen. Wenn man überhaupt von Kurs sprechen möchte. Und wenn wir heute über den Haushalt sprechen – dann finden wir darin überhaupt nichts, was mit diesen Krisenzeiten, mit dieser Zeitenwende zu tun hätte.

Stabilität wäre das richtige Signal für unsere Landwirte, Stabilität und Planbarkeit.

Stattdessen Unsicherheit, gar Verzweiflung auf unseren Betrieben! Denn – wie ist denn die Lage?

  • Die Schere von Kosten auf der einen – zu Erträgen auf der anderen Seite geht immer weiter auseinander
  • Stichworte: Gaspreise gehen durch die Decke, Dünger, Inflation
  • Ab Oktober werden die Tierhalter die steigenden Kosten durch die Tierärztegebührenordnung zu spüren bekommen
Haben Sie das eigentlich auf dem Schirm?

Jetzt macht die größte Düngemittefabrik in Deutschland dicht: was für eine zusätzliche Dramatik in dieser Situation! Irre steigende Betriebskosten und weniger Düngemittel auf dem Markt! Aber genau das war doch vorhersehbar, dazu brauchte man gar keine Glaskugel: wir hatten im Mai in unserem Antrag genau auf diese Situation hingewiesen, wir haben uns stark gemacht für die Sicherung der Düngemittel, bezahlbare Düngemittel. Wir haben konkret vorgeschlagen, wie wir das für unsere Landwirte sichern können:

Nur ein paar Auszüge:

  • sicherstellen, dass die Düngerproduktion in Deutschland gewährleistet bleibt
  • im Rahmen der einzelstaatlichen Beihilfen bis zu 50 Hektar ihres Betriebs 100 Euro pro Hektar Ackerland und 50 Euro pro Hektar Grünland erhalten
  • auf nationaler Ebene sicherstellen, dass das „EU-Nitratmessnetz“ so ausgebaut wird, dass es engmaschig und fachlich geeignet ist

Aber auch hier: Augen zu und weiter Schlingerkurs in die Katastrophe!

Das Schlimme ist: diese Kostenexplosionen, diese Mangelwirtschaft – das wird sich dann wiederum in steigenden Lebensmittelpreisen wiederfinden. Das zahlen die Bürger. Und das – liebe Kollegen – das ist das unsoziale – AUCH in der Agrarpolitik!

Herr Minister: Werden Sie eigentlich in Ihrem eigenen Kabinett ernstgenommen? Es kann doch nicht wahr sein, dass unsere Landwirte im Entlastungspaket überhaupt nicht vorkommen. Null – komma – null! Das ist der eigentliche Skandal, den wir diese Woche erleben müssen.

Und in Brüssel – Herr Minister – in Brüssel sind Sie ebenfalls gnadenlos geschnitten worden: keinerlei Ausnahme, keinerlei Hilfe für unsere Schweinehalter in der ASP-Frage! Gerade in Niedersachsen haben sich da viele Betriebe Hilfen gewünscht. Sie haben Null – komma – null für unsere Landwirte rausgeholt: mit DIESER EU werden in Deutschland noch mehr Betriebe dichtmachen, DAS ist die bittere Wahrheit!

Lassen Sie mich aber noch zur Forstpolitik kommen.

Es ist schade, dass unser Wald in der Haushaltsdebatte zu wenig vorkommt. Wir sprechen hier im Haushalt von 900 Millionen Euro. Allein in diesem Jahr sollen 200 Millionen Euro für den Waldumbau abfließen.

Wie soll das funktionieren? Die Kriterien sollten Anfang September vorliegen – jetzt hören wir, das kann noch 1-2Wochen dauern. 12 Kriterien sind zu erfüllen, damit die Förderung ausbezahlt werden kann. Wer soll das ab Ende September oder ab Oktober noch hinbekommen? Das ist völlig realitätsfremd!

Das Personal, das wir hierzu benötigen – und ich rede hier nur von der Informationsleistung, von Evaluation oder Controlling mal noch völlig abgesehen – das Personal für diese Beratungsleistung haben Sie in den letzten Jahrzehnten systematisch abgebaut. Es fehlen schlicht und einfach die Förster in der Fläche.

Die Forstbetriebsgemeinschaften sollen jetzt anfangen, zu beraten – über Kriterien, die sie bislang noch gar nicht hatten. Schlingerkurs ins Nichts! Ich kann Ihnen sagen, wie es ausgeht: es werden DIE Waldbesitzer und Forstgemeinschaften die Förderung beantragen, deren Wald JETZT schon die Kriterien erfüllen. Die Kriterien erfüllen, weil sie schon jahrelang nachhaltig in ihrem Bereich wirtschaften. Ergebnis für das Klima: null – komma – null.

Liebe Kollegen, unsere Landwirte haben nicht nur einen anderen Haushalt verdient – sie haben eine andere Regierung verdient!

Ich danke Ihnen!

 

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