Berlin, 20.12.2018. Das Kabinett Merkel hat gestern, wenige Tage vor Weihnachten, noch schnell das sogenannten „Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz“ beschlossen. Damit soll der Zuzug von qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten erleichtert und so der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft verringert werden.
In Berlin fand zu diesem Thema bereits vor einigen Tagen eine gemeinsam von der IHK München und dem ifo Institut organisierte Informationsveranstaltung statt, an der auch ich als Zuhörer teilnehmen konnte. Kern der Veranstaltung war die Vorstellung einer von der IHK in Auftrag gegebenen ifo-Studie mit dem Titel „Qualifizierte Zuwanderung in Deutschland“. In dieser Studie empfiehlt das ifo Institut ein „zweigleisiges Zuwanderungssystem“, wobei allein über eine sogenannte „marktbasierte Schiene“ eine Zuwanderung von jährlich bis zu 250.000 Fachkräften angepeilt wird. Dass es sich dabei auch tatsächlich um „echte Fachkräfte“ handelt, soll mit Hilfe eines jeweiligen Jahreseinkommens von 34.000 Euro nachgewiesen werden.
Inwiefern sich dieser Ansatz in der genannten Größenordnung überhaupt praktisch umsetzen lässt, sei einmal dahingestellt. Sind die Fachkräfte überhaupt bereit ausgerechnet nach Deutschland zu kommen? Schließlich beschränkt sich die demographische Krise ja bekanntlich nicht nur auf Deutschland, sondern ist inzwischen in allen entwickelten Industrieländern mehr oder weniger virulent. Darüber hinaus stellt sich mir die kritische Frage: benötigen die unterentwickelten, armen und kinderreichen Länder ihre wertvollen Fachkräfte nicht in erster Linie für den eigenen Fortschritt? Meiner Meinung nach sollten wir uns in Deutschland an jeglicher Form des „brain drain“ nicht beteiligen.
Was wir brauchen ist in erster Linie nicht mehr Zuwanderung, sondern vielmehr eine bessere Förderung des eigenen Nachwuchses und vor allem eine höhere – auch finanzielle – Wertschätzung der bereits jetzt in Deutschland arbeitenden Fachkräfte. Und zu einem ehrlichen Politikansatz gehört auch die realistische Einschätzung, dass wir durch kompensatorische Zuwanderung nicht wirklich weiter kommen werden, sondern dass wir durch das Tal der selbstverschuldeten demographischen Krise auch selber hindurchgehen müssen, bevor es längerfristig wieder aufwärts gehen kann. Aufwärts nicht nur ökonomisch gesehen, sondern vor allem auch in kultureller Hinsicht.