Gil Ofarim wegen Verleumdung angeklagt: Der Antisemitismus-Skandal den es nie gab. Der Fall Ofarim offenbarte die unrühmliche Schnelljustiz durch Politik und Medien.
Die Vorwürfe Ofarims gegen Mitarbeiter des Hotels „The Westin Leipzig“ waren nach derzeitigem Stand der behördlichen Ermittlungen frei erfunden. Die Tragik dabei: Ofarim hat damit tatsächlichen Opfern antisemitischer Angriffe einen Bärendienst erwiesen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Sänger erhoben.
Klar ist aber auch: das politische und gesellschaftliche Umfeld in Deutschland spielte dem Sänger in die Karten. Permanent wird das Bild vom „antisemitischen Deutschen“ auf großer Leinwand und möglichst laut und bunt gezeichnet. Das nährt natürlich die Hoffnung, dass auch schlimme, haltlose Vorwürfe auf fruchtbaren Boden fallen. Ofarims Video ging viral – er hatte damit erreicht was er vermutlich wollte: größtmögliche Aufmerksamkeit. Evtl. waren Selbstüberschätzung und der schnöde Mammon die Antreiber. Denn Ofarim ist als mäßig erfolgreicher C-Promi sicher kein Großverdiener. Wir werden mit Interesse den Gerichtsprozess wegen Verleumdung verfolgen.
Vorverurteilung durch Politik und Medien
Mir tun jedenfalls die unschuldigen Hotelmitarbeiter und der Hotelbesitzer sehr leid, die vor allem zu Beginn des öffentlichen Falschvorwurfes durch die Hölle gegangen sind. Vorverurteilung durch Politiker, Medien und staatliche Behörden bis hin zu Morddrohungen hatten sie zu erdulden. In Zukunft sollte also zumindest von staatlicher Seite derlei Vorwürfe ohne Vorverurteilung sorgfältig geprüft werden.
Herber Rückschlag im „Kampf gegen Antisemitismus“
Unterm Strich muss man heute schon feststellen: Wir Deutschen sind nicht die Fußabstreifer für all jene, die mal eben eine Schlagzeile brauchen oder einen schnellen Euro machen wollen. Dafür ist das besondere Thema Antisemitismus auch in keiner Weise geeignet. Die eigentümlich reflexartige Schnelljustiz durch Politik und Medien sind aber ein Katalysator für solcherlei Selbstdarsteller.
Selbst der Bundesbeauftragte gegen Antisemitismus in Deutschland, Felix Klein, sprach in einem Interview mit der dpa von einen herben Rückschlag und kritisierte: »Als Zweifel an der Darstellung von Gil Ofarim laut wurden, hieß es in den sozialen Medien sofort: „Der Jude lügt“«. Laut Klein habe die ganze Sache dem „Kampf gegen Antisemitismus“ eher geschadet.
Anmerkung: Gil Ofarim, 1982 als Gil Doron Reichstadt in München geboren, ist Sohn des im Mai 2018 verstorbenen Sängers Abi Ofarim und seiner dritten Frau Sandra. “Esther & Abi Ofarim” waren ein international beliebtes Gesangduo der 1960er (bekanntester Song „Cinderella Rockefella“). Ofarim ist Rockmusiker, Schauspieler und Musical-Darsteller.