Bundestag muss russischen Schüler vor Kritik in Schutz nehmen

BERLIN/ KEMPTEN. Wegen einer Rede im Bundestag zum Volkstrauertag wird der russische Schüler Nikolai Desjatnitschenko jetzt in seinem Herkunftsland „als Verräter und Faschist bösartig beschimpft und bedroht“, teilte der Kemptener Abgeordnete und Vizechef der AfD-Bundestagsfraktion Peter Felser mit. Er fügte hinzu: „Dessen Mitgefühl mit dem Schicksal von ums Leben gekommenen Wehrmachts-Soldaten in Stalingrad löste in Russland in den sozialen Netzwerken eine Hass-Lawine aus, vor der wir alle den mutigen 16-Jährigen öffentlich in Schutz nehmen müssen.“ Der Jugendliche wollte damit einen Beitrag zur deutsch-russischen Aussöhnung leisten und das sei aller Ehren wert. Vor allem der Bundestag und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge seien jetzt gefordert, klar Position für den Angegriffenen zu beziehen, sagte Felser.

Der Schüler hatte als einer der Redner im Bundestag unter anderem gesagt: „Ich habe die Gräber von unschuldig umgekommenen Menschen gesehen, die ein friedliches Leben geführt hatten und keinen Krieg führen wollten.“ Es ist nur diese Textpassage und das Wort „unschuldig“, mit dem der Gymnasiast aus der sibirischen Stadt Nowyj Urengoj so in Ungnade fiel. Er hatte kurz über das Schicksal des deutschen Wehrmachtssoldaten Georg Johann Rau gesprochen, mit dessen Leben er sich bei einem Schülerprojekt befasst hatte. Das wiederum war vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge initiiert worden. Der Gefreite Rau kämpfte in der Schlacht um Stalingrad, geriet in Gefangenschaft und starb 1943 im Kriegsgefangenenlager. Der 16-Jährige Redner war nur einer der sechs deutschen und russischen Schüler, die von den Schicksalen einzelner Menschen in Stalingrad erzählten.

„Die Überreaktion in den sozialen Medien zeigt, dass der Krieg der Sowjetunion mit Millionen Todesopfern gegen Deutschland von 1941 bis 1945 immer noch stark im kollektiven Gedächtnis Russlands verankert ist“, gab Felser zu bedenken. Bei allem grundsätzlichen Verständnis dafür, müsse es aber nach über 70 Jahren möglich sein, einen differenzierten Blick auf die Situation der einfachen Soldaten beider Seiten zu werfen und einzelne Schicksale menschlich zu beleuchten. Viele russische Schüler beschäftigen sich mit den Lebensgeschichten von deutschen Kriegsgefangenen und ebenso befassen sich viele deutsche Schüler mit den Schicksalen von russischen Soldaten und Zivilisten. „Beides ist ein Beitrag zur Aussöhnung, die fortgeführt werden muss“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvize aus Bayern.

 

 

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