Mein Redebeitrag im Bundestag zum Antrag der FDP:
Herr Präsident, verehrte Kollegen, liebe Gäste und vor allem: liebe Bauern!
Wir reden heute über ein zentrales Thema der Daseinsvorsorge – der FDP ist für diesen Antrag und die Initiative zu danken. Das Thema hat heute schon massive Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Konkurrenzfähigkeit, den Wohnungsmarkt, das Handwerk und alle Strukturen auf dem Land. Vor allem hat es ganz konkrete Auswirkungen auf die Landwirtschaft.
Ihnen von der FDP ist dort zuzustimmen, wo Sie eine Liberalisierung der Regeln fordern: Hemdsärmelig und pragmatisch. Ja die sogenannten ,,Buddelvereine“, wie Sie schreiben, sind mit Augenmaß zu fördern.
Ja, unbürokratisch müssen jetzt die Glasfaserkabel verlegt werden, wenn wir es mit der Digitalisierung in diesem Land wirklich ernst nehmen.
Parallel zum Glasfaserkabelnetz geht es jetzt aktuell um die Versteigerung der wesentlichen 5G-Frequenzen. 98% der Haushalte sollen bis Ende 2022 von diesen Netzen erreicht werden. Klar ist, das schreiben Sie auch, dass uns das in der Fläche, bei den Landwirten nicht viel und vor allem nicht überall weiterhelfen wird.
Nebenbei bemerkt: wir wundern uns schon, dass hier in diesem Hause das Thema Gesundheit bei 4G oder 5G keine Rolle spielt. Uns muss klar sein, dass wir noch überhaupt keine Langzeitrisiken dieser Technologien abschätzen können. Wir sind mit diesen Funkstrahlen in einem riesigen Feldexperiment. Daher erwarten und fordern wir, dass die gesundheitlichen Risiken permanent und proaktiv durch wissenschaftliche Studien begleitet werden.
Dazu steht in der gesamten Digitalisierungsstragie der Bundesregierung nur ein einziger Satz. Das ist zu wenig meine Damen und Herren!
Wir debattieren heute aber in lhrem Antrag die Grundlagen für ,,Smart Farming“. Da steht bei Ihnen viel Richtiges im Antrag. Das haben wir aber doch schon vor 12 Jahren schon auf der Agritechnika gesehen. Unsere Traktoren fahren längst mit GPS-Anbindung; seit Jahren sparen wir Pflanzenschutzmittel ein durch präzises Ausbringen (precision farming).
Aber uns müssen doch folgenden Fragen leiten:
- Schaffen wir es, mit Smart Farming auch die kleinen und mittleren Betriebe mitzunehmen?
- Schaffen wir es mit einer intelligenten Digitalisierung, das Höfesterben zu stoppen?
- Gelingt es uns, die Hoheit über die Daten zu behalten – oder werden auch in der Landwirtschaft wenige große Konzerne die Gewinner der Digitalisierung sein?
Wenn wir in der Enquete Kommission ,,Künstliche Intelligenz“ über neuronale Netze sprechen, dann haben wir die enormen Chancen im Gesundheitswesen vor Augen. Oder wir sehen eine dramatische Effizienzsteigerung in den Kommunen, wenn intelligente Systeme die riesigen Datenmengen der Ämter zusammenführen.
Aber wir sollten heute die Landwirte nicht vergessen: dieser enorme Aufwand vom Ausbau des Glasfasernetzes auf der einen Seite, und der neuen G5 Technologie auf der anderen Seite hat doch nur dann Sinn, wenn wir damit auch die ländlichen Räume nachhaltig stärken.
Und es stellt sich eben schon die Frage: für wen stellen wir denn Smart Farming auf? Wir wissen doch, dass heute schon sämtliche Daten bei den wenigen großen Landtechnikkonzernen landen.
- Wann habe ich mit welcher Erntemaschine wieviel Getreide eingefahren?
- Bei welchem Wetter habe ich meinen Acker gedüngt oder gegrubbert?
- Sämtliche Daten der smarten Maschinen landen überall, nur nicht beim Landwirt oder zumindest nicht strukturiert beim Landwirt.
Big Data da draußen im ländlichen Raum: das ist mehr als Smart Farming!
Das könnte die Chance sein, Plattformen aufzubauen. Plattformen, die den Landwirten direkt für die Vermarktung ihrer Produkte zur Verfügung stehen.
Plattformen, die keine lernenden Maschinen, sondern lernende Betriebe zusammenführen. Die gute fachliche Praxis – ein Begriff, den jeder gut wirtschaftende Landwirt kennt – die gute fachliche Praxis, das könnte eine Kl für lernende Betriebe werden.
All das Wissen, das über Generationen auf einem Hof weitergeben wird, all die Erfahrung von Wetterkalamitäten, Prozessen in den Betrieben: das ist doch meist auf einem einzigen Hof wie auf einer lnsel gebunden. Ja, vielleicht wird der Nachbar noch gefragt, ob er mit dieser oder jener Futtermischung besser fährt oder ob sich die Fruchtfolge bewährt hat.
Lassen Sie uns doch all diese gesamte Erfahrung unserer landwirtschaftlichen Betriebe zusammenführen, intelligent vernetzen und in Echtzeit unseren Bauern zur Verfügung stellen. Dann kann auch der kleine Betrieb von den Erfahrungen der Großen lernen.
DAS wäre dann Kl für alle unsere Bauern, das wäre dann mehr als Smart Farming.
Und: es wäre vielleicht der Anfang vom Ende unseres Höfesterbens in Deutschland und in Europa. Diesen Antrag unterstützen wir – lassen Sie uns damit aber bitte noch viel weiter in die Zukunft blicken.
lch danke Ihnen.
Video vom Redebeitrag
Quelle: Deutscher Bundestag